BMW Frankfurt Marathon 30.10.2011
Marathonbericht von Thomas Mauerhoff
Die Vorbereitung:
Nach einer erfolgreichen Triathlon Langdistanz in Roth (10:30 h) und einer relativ kurzen Ruhepause entschlossen Yvi und ich den Frankfurter Marathon mitzulaufen. Im vergangenen Jahren war dieses Vorhaben an unseren Septemberurlauben in Griechenland gescheitert. Diesmal gelang es uns im Urlaub auf Kreta etwas zurück zu nehmen und mit den notwendigen langen Läufen früh morgens zu beginnen. Der Anfang war gemacht!
Für mich gab es 2 Möglichkeiten. Entweder ich laufe den Marathon gemeinsam mit Yvi oder ich versuche meine 9 Jahre alte Bestzeit von 3:22 h (Berlin-Marathon) zu verbessern. Also ging ich den Plan an, meine Bestzeit zu unterbieten. Dafür erlegte ich mir den schlimmsten aller Pläne auf: Den Greifplan „Der Countdown zur Bestzeit“ mit 6 Trainingseinheiten pro Woche. Man sagt diesem Plan 3 Ausgänge voraus:
1. Verletzt nicht antreten können
2. Krank nicht antreten können oder
3. Bestzeit laufen …
8 Wochen mit 850 km und 74 Stunden Training lagen vor mir. Vor allem die Wochen 2 und 3 waren sehr hart. Die insgesamt 6 langen Läufe über 35 km, davon 4 mit einer Endbeschleunigung zwischen 3-15 km nagten teilweise sehr an der körperlichen Verfassung. Aber der Plan passte! In der 3. Woche gab es den angekündigten Leistungsschub, der Halbmarathon am Ende der 4. Woche brachte eine deutliche Verbesserung der persönliche Bestzeit (1:30:21 h statt vorher 1:32:27 h). Danach war die Motivation noch größer. Ich konnte den Plan komplett durchziehen. Ein bisschen Husten 2 Wochen vor dem Marathon hatte wahrscheinlich auch nur psychische Gründe. Bis zum Marathon lief ich im September und Oktober zusammen 899 Kilometer und benötigte hierfür 83:31:47 Stunden. Ich hatte es geschafft, meinen Trainingsplan konsequent durchzuziehen. Ich bin weder Rad gefahren und in dieser Zeit nur einmal kurz geschwommen. Ich habe alles meinem Ziel der Marathon-Bestzeit untergeordnet. Auch die Ernährung wurde konsequent angepasst. Der Erfolg waren 9 kg Gewichtsverlust während der Vorbereitung! Trotz des umstrittenen 35ger Lauf 8 Tage vor dem Marathon habe ich es geschafft, erholt an den Start in Frankfurt zu gehen! Vorher gab es noch 2 Nudelpartys (mittwochs in Erlenbach im „Al Centro“, samstags in der Festhalle) und jede Menge Selbstzweifel, ob der gesteckten Ziele: Eigentlich wollte ich ein „SUB200“ laufen, da heißt den Marathon unter 3:20 (= 200 Minuten) beenden. Nach dem guten Halbmarathon-Ergebnis und der guten Form hob ich mein Ziel auf 3:14 h an. Ich wollte langsam angehen und mein Tempo steigern.
Der Wettkampftag:
7:30 Uhr: Die TVGler sind wie immer pünktlich zur Abfahrt erschienen. Sie packen meine Yvi in eines der beiden Autos und verabschieden sich recht schnell ich Richtung Frankfurt. Neben den erfahrenen Marathonis Kalli und Tommy sind auch Erich und unsere 3 Neulinge Florian, Michael und Nadine mit dabei! Ich wünsche Ihnen alles Gute und hoffe, dass es nicht doch ein bisschen zu früh ist für den Marathon! Anne-Maren wird in der Frauenstaffel mit Birgit, Edeltrud und Bianca laufen. Natürlich bin ich stolz auf Yvi! Auch sie hat sehr gut und konsequent trainiert und will sogar die 4 h Grenze heute angehen! Es ist schön, dass wir den Ausdauersport zu zweit genießen können!
Ich setzte mich in mein Auto und hole meinen „Hasen“ Manni in Kleinostheim ab. Der positiv verrückte Ausnahmeläufer (2:40 h) hat sich bereit erklärt mit mir zu Laufen und für mich das Tempo zu machen! Allein darauf bin ich schon ein bisschen stolz. Immerhin sind wir vorher schon 3 * 35ger gemeinsam gelaufen! Für ihn ist es eine gute Vorbereitung für sein nächstes „Highlight“, dem Start beim New York-Marathon nur eine Woche später!
In Frankfurt läuft alles nach Plan. Einparken, mit dem Shuttel-Bus zur Festhalle und Bilder-Shooting mit der TSG Kleinostheim. Ich bin trotz aller Erfahrung von 15 Marathons sehr nervös! Mein Handy habe beispielsweise im Auto liegen lassen und auch sonst bin ich recht unruhig.
Dann ging es zum Start. Wir sind recht spät dran und es herrscht großes Gedränge. Manni und ich schieben uns durch die Massen, klettern über die Absperrung und sind erst mal froh in der Startaufstellung zu stehen. Dann die bittere Erkenntnis, dass wir viel zu weit hinten stehen. Vor uns erkennen wir den Zugläufer für eine 3:30ger Zeit. Dahinter die ganzen 3:30ger Läufer und wir mitten drin! Aber es ist zu spät. Wir haben keine Chance mehr nach vorne zu kommen . Ich fluche still vor mich hin, aber wir finden uns damit ab!
Das Rennen:
10:00 Uhr, der Startschuss fällt. Die Menschenmasse von 15.000 Läufern setzt sich langsam in Bewegung. Endlich geht es los! Die Anspannung löst sich etwas bei den ersten Schritten. Bald kann man fast schon Laufen. Nach fast 4 Minuten erreichen wir die Startlinie. Die Uhr wird abgedrückt und es heißt Laufen, sofern es die vielen Menschen zulassen. Aber es geht doch besser als erwartet. Ein bisschen Zick-Zack laufen, aber es geht. Bei km 2 stoppe ich die Zwischenzeit: 9:20 Minuten - auf die Sekunde im Plan! Dann ergibt sich eine Lücke auf dem Bürgersteig. Manni und ich nutzen die Chance, legen einen kleinen Zwischenspurt ein und überholen die gesamten 3:30ger Läufer! Jetzt kann das Rennen richtig beginnen! Zwischendurch schon die albernen Rufe: „Ihr seht noch gut aus“ oder „Ihr schafft das“ – Kunststück, bei km 3-5! Wir überholen Thomas Fleckenstein von der TSG. Nach einem kurzen Smalltalk geht es weiter. Jetzt ist Rhythmus im Lauf. Ich denke immer wieder an Wolfi und seine Tipps: Arme 90 Grad, Daumen nach außen, das Schultergelenk ist nur ein Pendel, Schulter zurück, positiv denken!
Ja, jetzt fängt das Ganze an Spaß zu machen. Bis km 8 laufen wir 4:35-4:40 Minuten pro km. Etwas schneller als geplant aber immer noch sehr gut. Dann werden wir schneller (4:25 min/km bis km 12). Manni und ich beschließen, das Tempo wieder etwas raus zu nehmen. Vor uns sind längst die Zugläufer für 3:15 h zu erkennen.
Bei km 13 orientiere ich mich auf die rechte Seite beim überqueren des Mains. So war es ausgemacht! Natürlich winkt Norbert von der linken Seite ganz hektisch! „Hier rüber, Markus (Hold) steht vorne zum fotografieren!“. Wir wechseln schnell die Straßenseite und ich erkenne Edith, Stefan Scherer und Markus. Auf der anderen Mainseite wartet schon Harald Reuter auf uns. Er hatte vor dem Rennen meine Trinkflaschen entgegengenommen und versprochen, sich um mich zu kümmern. Ich war zwar sehr skeptisch, vertraute da aber auf ihn. Es klappte. Er lief neben uns her, ich brauchte hier noch nichts konnte ihm aber meine leere Flasche, die ich selbst dabei hatte und inzwischen leer getrunken hatte, abgeben.
So konnte es weitergehen. Inzwischen war die Straße leerer geworden. Wir laufen zu Benjamin, den ich aus Fuerteventura kannte auf sprechen kurz mit ihm und laufen unser Tempo weiter. Richtung Niederrad fliegen die Kilometer nur so an uns vorbei. Manni und ich unterhalten uns viel und machen den einen oder anderen Scherz. Es ist so wie erhofft: Die ersten 20 km darfst Du gar nicht merken! Bei km 19 sind wir zum 3:15ner Zugläufer aufgelaufen. Wir bewegen uns in der Gruppe um diese Zugläufer. Wir beschließen zumindest bis km 30 nicht zu überholen. Wir hatten sowieso schon 2-3 Minuten Vorsprung auf diese Gruppe, weil wir später gestartet waren! Bei km 20 war dann wieder Harald zur Stelle. Ich nehme die von ihm gereichte Falsche und einen großen Schluck! Der Inhalt der Flasche: 8 aufgelöste Powerbar-Päckchen. Sonst hatte ich auf der ganzen Strecke nur 3 Päckchen geschafft. Es ging sehr gut! Ich gebe Harald die halbvolle Flasche zurück und bedanke mich artig. Dann kommen wir zum Halbmarathon. Die Uhr bleibt bei 1:36:27 h stehen. Wenn ich es schaffe, die 2. Hälfte ähnlich schnell zu laufen, würde es sogar eine 3:13 h Endzeit werden. Und mir ging es so gut. Der Puls lag optimal zwischen 142 und 147 Schläge pro Minute. Die 3:15 er Läufer bremsen uns derzeit richtig aus. Der Laufrhythmus war vorher besser! Trotzdem bleiben wir hinter den Läufern.
Auf einmal überkommt es mich. Ich klatsche vor lauter Freude über den guten Lauf Manni auf den Rücken. Der schaut etwas verdutzt drein, freute sich aber mit mir. Die Ungewissheit bleibt zwar. Aber bis hier her war einfach alles perfekt! Dieses Abklatschen sollte sich noch auf der Strecke einige Male wiederholen…
Aber die km-Zeiten steigen, der Puls sinkt! Die 3:15er Gruppe ist einfach zu langsam! Bei km 27 ist es dann soweit. Wir entschließen uns an dieser Gruppe vorbei zu gehen! Endlich wieder „frei“ Laufen. Der km-Schnitt wurde wieder deutlich nach unten korrigiert. Birgit von der TVG-Frauenstaffel feuert mich an. Dann geht es auf die gefürchtete Mainzer-Landstraße. Es läuft, km für km wird geschluckt. Erst treffen wir Roland auf dem Fahrrad, dann erkenne ich Ruth vor uns. Sie sollte eigentlich hinter uns sein, läuft aber ebenfalls ein tolles Rennen. Nach einem kurzem Plausch nehmen wir weiter unser Tempo auf. Momentan liegt der km Schnitt unter 4:30 Minuten pro km!
Bei km 35 geht es Schlag auf Schlag! Erst laufen wir zu Daniel von der TSG auf. Dann steht Harald am Rand und reicht mir meine Flasche. Er versorgt auch noch Daniel, der dringend etwas zu trinken braucht. Harald fällt es schwer unser Tempo mitzugehen! Ich gebe ihm schnell die leere Flasche zurück. Das hat alles prima funktioniert! Ich bin Harald unglaublich dankbar! Er war aber dann auch froh, als er wieder zurück zum Straßenrand durfte J. Dann laufen wir zu Astrid auf. Astrid war beim HM in Aschaffenburg noch deutlich vor mir. Da wird mir klar, wie gut ich an diesem Tag drauf war. Automatisch wird unser Schritt noch etwas schneller. An der nächsten Ecke steht Kashif und bietet mir eine Flasche Wasser an. Das war klasse, weil mein ganzer Mund noch völlig verklebt war. Ich bedanke mich bei ihm und bei Semra, versichere mich kurz, ob er auch kein Abführmittel, wie er es angedroht hatte eingefüllte hatte, nehme 2-3 kräftige Schlucke und schmeiße die Flasche weg!
Das war jetzt doch ein bisschen viel auf einmal. Ich spreche mit Manni, um das Tempo wieder etwas zu reduzieren. Das gelingt aber nur sehr kurz! Dann entdecke ich meinen Arbeitskollegen Udo als Zuschauer. Er wollte eigentlich auch in Frankfurt starten, um die 3 h zu knacken. Aber wie so viele die ich kenne, musste er auf Grund von Verletzungen oder Krankheiten auf einen Start verzichten. Irgendwo hier müsste auch mein Töchterchen Sina jetzt stehen. Ich sehe sie nicht, obwohl sie extra mit dem Zug aus Darmstadt angereist ist.
Jetzt ging es am Hammerman und Messe vorbei. Ich ertappe mich dabei beim rückwärts rechnen. Wenn ich den Rest in einen 5er Schnitt (5 min/km) laufe, käme ich mit einer 3:18 h nach Hause. Das wäre ja schon toll! Manni schüttelt nur den Kopf! Mario, Katja, Susanne und Lena erkenne ich am Rand beim Anfeuern. Tim Bachmann scheint überall zu sein! Er feuert uns schon die ganze Zeit lautstark an!
Bei km 37 spüre ich die Vorderseite der Waden. Eine Muskelgruppe, von der man sonst gar nicht weiß, dass sie da ist. Vorher hatte schon die Leiste gezwickt. Aber Manni meinte, die dürfte jetzt ruhig auch schon mal zwicken. km 37,5 – ich rechne wieder 4 Restkilometer * 5 Minuten. Manni schimpft: „Was willst Du dauernd mit Deinem 5er Schnitt. Wir laufen jetzt eine 4:20 min/km. Da passiert heute nichts mehr! Was soll denn jetzt noch schief gehen?“
„Also gut“, denke ich, dann gehen wir die Sache doch mal anders an. km 38, die Zeit bleibt bei 2:52:15 h stehen. Schaffen wir es vielleicht sogar noch unter der 3:10 h zu bleiben? Ich versuche zu rechnen. Das müsste ein km-Schnitt von 4:15 Minuten ungefähr sein (leider vergesse ich die restlichen 200 m mitzurechnen). Derzeit laufen wir eine 4.20 Minuten. Noch mal schneller werden. Ich sage zu Manni: „Auf dann los, wir probieren es“. Manni ist sofort dabei und beschleunigt. Ich versuche hinterher zu kommen. Wir sammeln überholen ganz viele Läufer. Aber die Tempoverschärfung tut jetzt weh. Ich kann das Tempo nicht halten! Ich pfeife Manni zurück. Er nimmt das Tempo etwas raus und erzählt mir fast schon mitleidhaft etwas von „3:10 h ist doch eigentlich besser, sonst verlangen alle unter 3 h von Dir “ und „mach Dich nicht verrückt“. Ich ärgere mich zum ersten Mal heute!
Km 39: Ich prüfe die Zeit. Nein, wir sind nicht langsamer geworden. Es wäre immer noch drin, wenn man wieder schneller werden würde! Jetzt endlich geht es ein bisschen bergab. Ich nehme noch mal allen Mut zusammen und sage zu Manni: „Auf geht’s, jetzt geben wir Gas und probieren es, alles was noch geht“. Ich hatte das Gefühl, darauf hatte Manni gewartet. Jetzt nahm er sofort wieder Tempo auf. Nur kurz nahm ich noch die unzähligen Zuschauer auf der Fressgass und der alten Oper wahr. Jetzt überholten wir noch viel mehr andere Läufer. Ein tolles Gefühl. Mario ruft mir irgendwas von „Daumen nach außen“ zu und es ging weiter. Von überall kommen wie schon beim ganzen Marathon „Auf Manni und maui“ oder „maui und Manni super“-Rufe! km 40 – Zeitkontrolle: Ja es könnte noch gehen. Mit einem 4er Schnitt für die letzten 2,2 km muss es gehen. „Nur noch 5 Stadionrunden“ denke ich. Ich nehme die Arme noch mal als Taktgeber und laufe noch ein bisschen schneller. Inzwischen höre ich sogar Manni atmen! Wir sammeln weiter andere Läufer ein. km 41: Es wird verdammt knapp werden, dass ist klar. Ich laufe alles andere als rund. Es geht weiter an den Menschenmassen am Rand vorbei, um die Kurve, der Hammerman ist zu sehen aber noch so weit weg. Ich sehe Rainer am Rand, er feuert mich an, ich kann ihm aber nichts mehr antworten.
Endlich – der Abzweig zur Festhalle. Bei km 42 schaue ich auf die Uhr: 3:09 und ein paar Sekunden. Ich erkenne es nicht mehr genau. Weiter jetzt im Sprinttempo. Manni als Taktgeber. Auf dem roten Teppich ist wieder viel Betrieb. Ich mache große Schritte und konzentriere mich auf die Ziellinie. So sehr hatte ich mich auf diesen Moment gefreut und jetzt ist es so hektisch. Auf der Ziellinie erkenne ich Hubsy vom Main-Ausdauer-Shop. Noch so eine Laufikone! Ich drücke meine Uhr ab und weiß:
Ich habe es geschafft! Ein unglaubliches Gefühl! Ich bin durch in einer Zeit, die ich mir selbst nie zugetraut hätte! Die letzten 3,2 km sind wir in 4:06 pro km gelaufen!
Nach dem Rennen:
Ich muss 2 mal verschnaufen. Weitergehen geht kaum. Dann ist aber alles wieder gut! Freude pur. Hubsy beglückwünscht mich, Daniel ist inzwischen da. Ruth und Astrid kommen kurze Zeit später ins Ziel. Auch die Großwallstädter sind gut angekommen, alle mit Bestzeiten! Yvi schrammte knapp an der 4 h Grenze vorbei, ist aber auch super und gleichmäßig gelaufen. Alle unsere Roukies sind sogar durchgelaufen! Auch die Staffel gesellt sich nach gutem Lauf zu uns. Wir trinken einige alkoholfreie Biere und freuen uns auf den Abend, dann mit Alkohol!
Auf der Heimfahrt treffen wir noch Wolfgang, Martina, Steffi und Claus. Später stellte sich heraus, dass noch einige mehr da waren, um uns anzufeuern.
Es wird noch eine Weile dauern, bis ich das alles verarbeitet habe!
Besonderen Dank natürlich an Manni, aber auch an Harald, Wolfi und an sonst noch an alle, die dazu beigetragen haben, dass ich so einen tollen Tag erwischt habe! Danke auch für die große Anteilnahme und den zahlreichen Glückwünschen nach dem Rennen!
maui