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Athletenbericht Jason Rogers, 27.10.2019 Frankfurt Marathon

 

Mein zweiter Marathon. 

 

Es ist soweit. 27.10.2019.

 

Ich stehe am Start. Ohne Verletzung. Voller Elan und Vorfreude ordnete ich mich in den falschen Block ein, gefühlt 600m nach vorne gekämpft, viel Überredungskunst um in den BMW Block zu kommen und versehentlich zu weit nach vorne gelaufen. Als ich nach oben schaute, der Schock.

 

Ich stand nämlich direkt neben den Pacemaker für 2:59. Also ich bin zwar bekannt als ein sehr positiver Mensch, aber nicht lebensmüde.

 

Kurze Rücksprache mit dem Pacemaker, der das eher lustig fand und mir riet, einfach mein Ding zu Laufen.

 

Ziel war es, die vorher geplanten 4:37min/km zu gehen, ohne Beeinflussung der 2:59er - Läufer. 

 

Dies gelang mir sehr gut, ich ließ die schnelleren ziehen, und fand mich sofort im Wettkampf zurecht. Aufregung war verschwunden, ab jetzt ging es nur noch um eines:

 

Marathon.

 

Die ersten 10km vergingen wie im Flug, ich war wie in Trance. Total geflasht von einem unglaublich gutem Körpergefühl - alles lief wie geschmiert. Keine Sorgen um das Knie. Keine Sorgen um die Pace und die Strecke.  

Nur ein Gedanke: ab jetzt ist es nur noch ein langer Sonntagslauf - genau die Strecke, die ich vom Training kannte. 

Ich konnte nicht wissen, dass ich zu diesem Zeitpunkt eine neue Bestzeit auf 10km gelaufen bin.

 

Bei Kilometer 13,5 erinnerte ich mich an Heiko. Der wollte nach der Brücke links stehen und mich etwas begleiten. Er war natürlich da, und hat mich nicht erkannt. „Hey Heiko, willst du mich ein Stück begleiten“ rief ich ihm zu und er sah erschrocken aus. Kurz überlegte ich, habe ich wieder wie 2017 Nasenbluten? Griff an die Nase - nein. Hab ich meine Nummer verloren? - nein. Es muss wohl an meinem Tempo gelegen haben, er hat noch nicht mit mir gerechnet.  Er begleitete mich ein Stück, rief mir motivierende Sprüche zu, und ich denke, die Läufer um mich herum wurden dadurch auch motiviert.

 

Dann trennten wir uns und kurz darauf kam schon Kilometer 20.  

Ich erinnere mich an den Berlin Marathon, wenige Wochen zuvor, den ich im TV live verfolgte. Da hieß es, dass die Halbmarathonmarke ein entscheidender Faktor sei, wie es einem dort ginge und welchen Einfluss es auf den zweiten Teil des Marathon’s haben wird.

Immer noch auf Wolke 7 laufend, war ich im Kopf total klar, es ging immer nur um den nächsten Kilometer. 

 

Ich durchlief die Halbmarathonmarke bei 1:35:24, auch das soll meine neue Bestzeit sein. 

 

Bis Kilometer 30 war es DAS Rennen, die Gedanken, die mich ständig verfolgten, waren:

Wahnsinn, was ein geiles Ding heute, es läuft, genieß es, solange es geht. Mach was draus.

 

Das wird dein Tag. 

 

Beim dem erwähnten Kilometer 30 beschloss ich, endlich meine drückende Blase zu leeren, die ich schon etwas länger (seit Start) mit mir rumtrug und mich immer auf den nächsten Kilometer vertröstete. 

 

Gesagt, getan. Nur sollte ich aber jetzt nicht mehr in den richtigen Trott kommen. Der Stop war ein Signal an meine bereits ermüdeten Oberschenkel, dass hier wohl das Ding heute beendet ist. Der mentale Krieg ging los, der Marathon begann! 

 

Von da an hieß es: locker bleiben, angehen, laufen. Verpflegungsstelle anvisieren, anlaufen, verpflegen, wieder in den Trott kommen, weiter laufen. Zum Glück war es wieder Heiko, der zum richtigen Moment am richtigen Ort da war und immer zu motivieren wusste. Immer wieder hat er die richtigen Worte, immer wieder aufs neue aufgebaut. 

 

Bei Kilometer 39 dann der Tiefpunkt. Es waren doch nur noch 3 läppische Kilometer. Die längsten des Tages. Ich halte mir die Trainingsstrecke vor Augen und sage zu mir selbst: nicht mal mehr bis zur Mainbrücke (Blaues Wunder). 

 

Zu den bereits verabschiedeten Oberschenkel nun auch noch der Kreislauf. Blackouts, Schwindel. 

 

Nicht die Frage warum ich das alles überhaupt mache, warum ich mich so quäle oder warum ich mir das antue, die so viele runterzieht, war es bei mir die Antwort, die ich mir im Vorfeld genaufür diesen Moment in den Kopf gesetzt habe: 

  

Für die, die es nicht können. Allen voran: Matheo.

 

Also kniff ich beide Pobacken zusammen und stellte mir sein lachendes Gesicht vor, wie er mich anschaut, wenn ich ihm berichte wie es gelaufen ist. Wie die ganze Familie, Freunde, einfach jeder sich mit mir freut, wenn ich das Ding heute zu Ende laufe (nicht gehe!).

 

 

Festhalle in Sicht.

 

Alle legen den berühmten Zielsprint hin, ich jedoch lauf meinen Schritt. Tränen in den Augen, Genugtuung, Dankbarkeit, Freude, Stolz. 

 

Die letzten 10 Meter, Tempo rausnehmen, gehen, freuen! 

 

Qualen? Schmerz?Leiden? Die Tode, die ich ab km 30 gestorben bin? Vergessen!

 

Ziellinie. Marathon gefinished. 3:23:41 Stunden. 

 

Um 1Stunde 16min verbessert. 76 Minuten schneller. 

 

1 Lauf, 3 PBs. Mein Tag! 

 

Jetzt ging’s nur noch um folgendes: Schuhe aus, Familie, Badewanne, Pizza und genau in dieser Reihenfolge :-)